Juden in Meckesheim

Um 1700 wird mit Moses Marx aus Dilsberg erstmals ein Jude in Meckesheim ansässig. 1744 gab es bereits drei, 1809 sieben jüdische Haushalte. Die jüdische Gemeinde bestand bis zum Jahr 1937 und wurde am 12. Oktober desselben Jahres durch Beschluss des Badischen Staatsministeriums aufgelöst und der Nachbargemeinde Neidenstein zugeteilt.  Die Synagoge der jüdischen Gemeinde in Meckeshseim wurde Ende 1937 verkauft. Fortan fungiert sie als Privatwohnung und Werkstatt, weshalb sie die Pogromnacht 1938 schadlos überstand.

Meckesheim Synagoge 290
Die ehemalige Meckesheimer Synagoge ist seit 1937 ein Privathaus.

Im 19./20. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt:

  • 1825 40 jüdische Einwohner,
  • 1843 52,
  • 1875 63,
  • höchste Zahl um 1880 mit 66 Personen,
  • 1900 48.
  • 1933 wurden 25 jüdische Einwohner gezählt, einschließlich des jüdischen Dienstpersonals.
  • 1939 gab es noch fünf jüdische Einwohner, zwei davon waren jüdisches Dienstpersonal von auswärts.

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Eine eigene jüdische Schule ist nicht belegt. Vermutlich besuchten die jüdischen Buben bis zur Aufhebung der Konfessionsschule im Jahr 1876 die jüdische Schule in Neidenstein, danach gemeinsam mit den Mädchen die Simultanschule in Meckesheim. Für die religiöse Unterweisung der Kinder und zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.

Bei der Einteilung der jüdischen Gemeinden Badens in Rabbinatsbezirke im Jahr 1827 wurde Meckesheim anscheinend übersehen. Später zählte die Gemeinde zum Rabbinatsbezirk Heidelberg.

Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Landesprodukten, Textilien, Leder, Eisenwaren und Vieh. Nach 1809 finden sich auch Berufsbezeichnungen wie Bäckermeister, Schuhmachermeister, Metzgermeister und Gastwirt. 1813 erhielt Isaak Neuberger die Concession zum Führen einer Judenwirtschaft in der Stickelsgasse. Diese jüdische Schankwirtschaft blieb bis 1907 im Familienbetrieb. Zahlreiche jüdische Hochzeiten aus Nah und Fern wurden in dieser Wirtschaft ausgerichtet, denn Meckesheim lag günstig an der neu errichteten Bahnlinie Heidelberg-Heilbronn. Zwischen 1900 und 1909 wurde eine weitere jüdische Gastwirtschaft, das Gasthaus zur Krone in der Mandelgasse, von Lina und Maier Kaufmann betrieben.

Um 1933 gab es noch folgende Handels- und Gewerbebetriebe im Besitz jüdischer Familien / Personen:

  • Landesproduktenhandlung Moses Eisemann (Leopoldstraße 9 mit Lagerhalle Industriestraße 60, abgebrochen),
  • Kolonialwarengeschäft und Altwaren Meier Kaufmann (Bahnhofstraße 7),
  • Manufakturgeschäft Max Neuberger (Friedrichstraße 30),
  • Kurzwarengeschäft Lina Stein (Friedrichstraße 1, abgebrochen),
  • Viehhandlung Liebmann Kaufmann (Luisenstraße 54),
  • Gasthaus zur Krone mit dem Wirt Heinrich Merkle in der Mandelgasse (die Mutter von Heinrich Merkle, Babette geb. Wormser, konvertierte für die Eheschließung 1886 zum Protestantismus; Heinrich Merkle galt deshalb in der Sprache der NS-Zeit als „Halbjude“).

Zwischen 1910 und 1930 haben sich fast alle um die Jahrhundertwende Geborenen nach ihrer Ausbildung oder dem Studium in süddeutschen Großstädten niedergelassen.

1933 lebten noch 23 jüdische Personen in Meckesheim, darunter auch jüdische Angestellte von auswärts. In den folgenden Jahren sind jüdische Bewohner und Bewohnerinnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien ausgewandert beziehungsweise in Großstädte verzogen. Insgesamt emigrierten neun jüdische Männer, Frauen und Kinder nach Holland. Sieben von ihnen wurden über Westerbork nach Auschwitz oder Mauthausen deportiert und ermordet. Acht Mitglieder der Familien Kaufmann und Stein wurden über Mannheim, Heidelberg oder Kippenheim nach Gurs deportiert oder über Stuttgart und Potsdam nach Auschwitz-Birkenau, Lublin oder Mauthausen. Die letzten drei jüdischen Einwohner wurden im Oktober 1940 von Meckesheim nach Gurs deportiert. Die Dorfkinder bekamen an diesem Tag schulfrei. Den Soldaten wurde per Feldpostbrief wenig später folgende Nachricht geschickt:

„Unser liebes Meckesheim ist seit 14 Tagen judenfrei und wird es für ewige Zeiten bleiben.“

Familie Neuberger konnte mit vier Personen rechtzeitig nach Brasilien emigrieren. Die junge Irene Kaufmann emigrierte nach Palästina, ihr Bruder Bruno nach Südafrika, der Cousin Max Kaufmann nach USA. Johanna Eisemann fand mit ihrem Ehemann Zuflucht in Argentinien. Anna Stein und ihre kleine Tochter Margarete haben das Lager Theresienstadt überlebt und sind nach dem Ende der NS-Zeit nach Brasilien emigriert.

Von den in Meckesheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945“) nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945“ und Archivrecherchen):

  • Max Eisemann (1867),
  • Ernst Eisemann (1893) sowie
  • seine Ehefrau Ilse-Sophie Eisemann Zuckermann und die beiden
  • Kinder Renate (1929) und
  • Harald (1932);
  • Jette Freund geb. Kaufmann (1879),
  • Lina Kaufmann geb. Weil (1868), Ludwig, Liebmann Kaufmann (1871),
  • Maier Kaufmann (1868),
  • Max Kaufmann (1903),
  • Rifka Kaufmann geb. Stahl (1874),
  • Sophie Kaufmann (1874);
  • Lina Stein geb. Neuberger (1876) mit ihren erwachsenen Kindern
  • Julius Stein (1897),
  • Alice Stein (1901),
  • Heinz Stein (1907).
  • Auch die jüdischen Hausangestellten der Familie Eisemann: Henriette Kiefer (Rheindürkheim),
  • Flora Grombach (Breisach),
  • Anna Lesem (Offenburg) und
  • Fanny Fuld (Mannheim) wurden nach Gurs deportiert und in Auschwitz ermordet

Quelle: http://www.alemannia-judaica.de/meckesheim_synagoge.htm

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