Es war kurios …
Das fiel auf bei der letzten Gemeinderatssitzung in Meckesheim. Er war dieses Mal ausnahmsweise nicht da, und doch in Fragen und Gedanken präsent; der als Bürgermeister abgewählte Hans-Jürgen Moos. Die Presse bemühte in ihrer Berichterstattung zur Sitzung das Wort „kurios“.
… vom Anfang bis zum Schluss
Zunächst erfolgte der kuriose Auftritt dreier Moosanhänger (die RNZ sprach von „Sympathisanten“), die in der Bürgerfragezeit einen vorgeschriebenen Fragenkatalog Punkt für Punkt ablasen.
Dorn im Auge
Einer der Moosgetreuen verlas, beim neuen Bürgermeister keine „aktive Bürgerpolitik“ zu sehen. Dabei habe er doch genau das im Wahlkampf versprochen. Und jetzt habe die Gemeinde – ohne Bürgerbefragung – ein neues Logo bekommen. Brandt wies darauf hin, dass das Logo mit den Verwaltungsmitarbeitern und dem Gemeinderat erarbeitet worden sei.
Dass Brandt mit einem modernen Logo für Meckesheim wirbt, ist Moos und seinen Sympathisanten offensichtlich ein schmerzlicher Dorn im Auge. Ihnen dürfte es dabei kaum um das Logo an sich gehen. Das Logo ist Ausdruck eines neuen Aufbruchs in Meckesheim. Offenbar reicht die Leidensfähigkeit der Moos-Sympathisanten nicht aus, diesen nun auch visuell wahrnehmbaren Wechsel zu ertragen.
Dass Brandt das Logo mit der Verwaltung und dem Gemeinderat abgestimmt hat, übersehen die Parteigänger von Moos dabei geflissentlich.
Sanierungsstau
In Meckesheim wird unter dem neuen Bürgermeister viel gebaut und saniert. Auch hier würden die Bürger nur unzureichend informiert, meinten die Moosanhänger. Als Brandt die Fragenden aufklärte und auf dabei auf den langjährigen Sanierungsstau hinwies, geriet seine Dauerkritikerin Sybille Welz in Wallung. Sie könne das Wort Sanierungsstau nicht mehr hören, erregte sie sich.
Wahrheit ist manchmal ein hartes Brot.
Welz vertrat zudem die Meinung, das Amtsblatt sei nicht mehr so ausführlich wie früher. Wieder der Vorwurf mangelnder Information. Und: Früher war halt einfach alles besser.
Stimmt das? Erstens wäre Welzens Behauptung zu beweisen und zweitens hat Meckesheim im Rhein-Neckar-Kreis inzwischen eine Vorreiterrolle in Sachen Bürgerinformation eingenommen. Im September läuft das digitale Räte- und Bürgerinformationssystem an. Mehr Bürgerinformation geht nicht. Brandt hat sein Wahlversprechen eingelöst. Das Amtsblatt erscheint unter Brandt auch regelmäßig und zeitnah im Netz. Unter seinem Vorgänger musste man sich via Internet mit um zwei bis vier Wochen veralteten Amtsblättern begnügen.
Raiffeisen-Neubau verschlafen
Mit dem eher peinlichen Auftritt der Moos-Veteranen (in den sozialen Netzwerken auch schon einmal als „Moosbürger“ bezeichnet) war der Höhepunkt der kuriosen Sitzung allerdings noch nicht erreicht. Er sollte von den Räten selbst unter dem Tagesordnungspunkt zur Aufhebung des Bebauungsplanes Raiffeisenmarkt erklommen werden.
Nachdem der Vorstand des Raiffeisenmarkts nach gegenüber Brandt erklärt hatte, es werde keinen Neubau geben, schlug die Verwaltung vor, die veralteten Beschlüsse in dieser Sache aufzuheben. Aufräumen muss sein.
Das Vorhaben einen Bebauungsplan aufzustellen, war bereits im Juni 2011 beschlossen, aber in den sechs Folgejahren nicht umgesetzt worden. Spätestens ab 2013 war das Thema aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Nicht einmal eine Satzung wurde unter Brandts Vorgänger beschlossen. Hier lag kein Sanierungs-, sondern Arbeitsstau vor. So kam es, wie es kommen musste. Der Raiffeisen-Vorstand teilte dem neuen Bürgermeister mit, dass es keinen Neubau geben könne, allenfalls noch eine Sanierung. Das Ergebnis von mehreren Jahren Tiefschlaf.
Prestigeobjekt ohne Bauherr
SPD-Sprecher Emmerling wollte es angeblich nicht glauben. Er fragte, ob denn nun die „langwierigen Verhandlungen und Investitionen“ in dieser „für Meckesheim prestigeträchtigen Angelegenheit“ umsonst gewesen seien . Was in diesen sechs Jahren alles verhandelt und investiert worden sein soll, ließ er offen. Viel kann es nach 2013 nicht mehr gewesen sein. Auf jeden Fall wurde nicht gut verhandelt, wie das Ergebnis zeigt. Jedenfalls war Emmerling nicht darüber im Bilde, ob das Raiffeisen-Zentrum zugesagt hatte, sich an etwaigen Planungskosten zu beteiligen oder nicht. Andernfalls hätte er Hauptamtsleiter Schwarz nicht genau danach gefragt. Dem Verwaltungsmann blieb denn auch nur, den Unwissenden auf eine Aktennotiz des Ex-Bürgermeisters zu verweisen. Nicht einmal Vorverträge, geschweige denn Verträge mit Raiffeisen lägen vor, was eine Kostenbeteiligung angehe.
Nun ist Emmerling Moos‘ Parteigenosse. Das mag als Erklärung reichen. Auch als Erklärung für den kuriosen Antrag, den er dann stellte. Der von der Verwaltung vorgeschlagene Aufhebungsbeschluss möge vertagt werden. Die Verwaltung möge schriftlich bei Raiffeisen anfragen, ob das Prestigeobjekt Lagerhaus wirklich nicht gebaut werde. Ausdruck des Misstrauens gegenüber Brandt oder parteipolitische Finte, der CDU und MuM auf den Leim gehen sollten?
Es sollte jedenfalls noch kurioser kommen. Emmerlings Antrag, den Aufhebungsbeschluss zu vertagen, erhielt vom 15-köpfigen Gemeinderat zwar nur drei Stimmen. Sie kamen von der SPD-Minderheits-Fraktion (3). Die drei Stimmchen reichten aber. Nur Brandt und MuM-Vorsitzender Dirk Künzer stellten sich mit zwei Stimmen hinter die Verwaltung. Alle anderen Gemeinderäte (10) enthielten sich. Kurioserweise – wie die RNZ konstatierte.
Schattensitzung
Warum ließen MuM (ohne Künzer 4) und CDU (6) die Verwaltung samt „ihren“ Bürgermeister im Regen stehen?
Es waren die Schatten des H.J. Moos, die dieser Maisitzung ihr kurioses Gepräge gaben.
- Glaubten Emmerling und die Räte Bürgermeister Brandt wirklich nicht, dass Raiffeisen abgesagt hat?
- Oder wollten Emmerling und die Gemeinderäte die bittere Wahrheit nicht akzeptieren, dass der prestigeträchtigte Raiffeisenzug schon längstens unter Moos abgefahren war?
Jedenfalls wurde ein fatales Signal nach außen gesetzt. Wie sollen die Bürger das Abstimmungsverhalten des Gemeinderats anders verstehen, als dass MuM und CDU das Misstrauen des Moos-Parteigängers Emmerling für gewichtiger halten als das Wort des Bürgermeisters? Auch die Verwaltungsangestellten, werden sich ihren Teil denken und wohl kaum vom Gemeinderat wertgeschätzt fühlen.
Vielleicht gibt es aber auch ein ganz andere Erklärung, die die Fraktionen von MuM und CDU den Bürgern dann nicht schuldig bleiben sollten. Ansonsten könnte aus einer Mücke ein Elefant werden.
Wahrheit ist manchmal ein hartes Brot.
P.S. Die Sache scheint sich inzwischen geklärt zu haben. Es gab aus Mooszeiten wohl eine Absprache, dass die Fraktionen bei „solchen Anträgen“ nicht gegeneinander stimmen, wobei sich mir der Sinn dieser letzten Endes undemokratischen Absprache nicht erschließt. Aus diesem Grund enthielten sich die Fraktionen vom MuM und CDU. Nicht nur der erste Teil der Sitzung, sondern auch dieser war also von Moosschatten geprägt.
Die rot eingefärbten Wörter stellen übrigens Links zu anderen Artikeln dar, z.B. zum RNZ-Artikel über die Prüfung eines Zielabweichungsverfahrens für das Lagerhaus.