Bürgerbeteiligung braucht Bürgerinformation
Bürgerbeteiligung ist ein wertvoller Schatz für jede Gemeinde. Dieser Schatz kann am Besten gehoben werden, wenn die Bürger informiert sind und wissen, was im Gemeinderat vor sich geht. Eine Lösung dazu ist ein „Ratsinformationssystem“. In ihm wird dokumentiert, was in der Kommune politisch entschieden wird. Bislang hat noch keine Gemeinde im Rhein-Neckar-Kreis ein solches System, auch nicht Meckesheim. In der letzten Gemeinderatssitzung kam die Bürgerinformation über Internet zur Sprache. Ein Grund, sich die Sachlage genauer anzuschauen.
Wie funktioniert ein Info-System?
Sitzungskalender und Tagesordnung
Wichtigster Teil ist der Sitzungskalender des Gemeinderats, Ortschaftsrates und der Ausschüsse. Nur so können die Bürger anstehende Fragen, Anträge und Entscheidungen dem Entscheidungstermin zuzuordnen. Dazu gehört natürlich auch die Veröffentlichung der Tagesordnung der Sitzungen.
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Veröffentlichung
Sitzungskalender und Tagesordnungen werden über das Infosystem im Internet veröffentlicht.

Rechtsgrenzen
Die Umstellung auf ein vollelektronisches Versandsystem ist allerdings aufgrund der Gemeindeordnung an rechtliche Grenzen gebunden. So ist unklar, ob die formale Zustellung einer schriftlichen papiergebundenen Einladung per Postversand durch Emails ersetzt werden kann. Was ist, wenn Gemeinderäte noch kein Internet haben, was es auch in Meckesheim tatsächlich geben soll?
Veröffentlichung im Internet ab 30. Oktober 2016?
Ab 30. Oktober 2016 besteht für diese Unterlagen und auch die Beschlüsse eine Pflicht zur Veröffentlichung auf der Internetseite der Gemeinde. Diese Pflicht greift aber nur, wenn die Gemeinde über ein elektronisches Ratsinformationssystem verfügt. Deshalb wurden im nachfolgend zitierten Gesetz die Absätze 1, 2 und 5, die für Meckesheim mangels Räteinfosystem nicht gelten, gestrichen, bleiben aber als politisches Ziel der Landesregierung Programm.
§ 41 b Gemeindeordnung (Veröffentlichung von Informationen)
(1) Die Gemeinde veröffentlicht auf ihrer Internetseite Zeit, Ort und Tagesordnung der öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Die der Tagesordnung beigefügten Beratungsunterlagen für öffentliche Sitzungen sind auf der Internetseite der Gemeinde zu veröffentlichen, nachdem sie den Mitgliedern des Gemeinderats zugegangen sind. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass hierdurch keine personenbezogenen Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unbefugt offenbart werden. Sind Maßnahmen nach Satz 2 nicht ohne erheblichen Aufwand oder erhebliche Veränderungen der Beratungsunterlage möglich, kann im Einzelfall von der Veröffentlichung abgesehen werden.
(3) In öffentlichen Sitzungen sind die Beratungsunterlagen im Sitzungsraum für die Zuhörer auszulegen. Absatz 2 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. Die ausgelegten Beratungsunterlagen dürfen vervielfältigt werden.
(4) Die Mitglieder des Gemeinderats dürfen den Inhalt von Beratungsunterlagen für öffentliche Sitzungen, ausgenommen personenbezogene Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zur Wahrnehmung ihres Amtes gegenüber Dritten und der Öffentlichkeit bekannt geben.
(5) Die in öffentlicher Sitzung des Gemeinderats oder des Ausschusses gefassten oder bekannt gegebenen Beschlüsse sind im Wortlaut oder in Form eines zusammenfassenden Berichts innerhalb einer Woche nach der Sitzung auf der Internetseite der Gemeinde zu veröffentlichen.
(6) Die Beachtung der Absätze 1 bis 5 ist nicht Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung und Leitung der Sitzung.
§ 41b GemO ist insgesamt nur dann verbindlich, wenn die Gemeinde über ein elektronisches Ratsinformationssystem zur Bereitstellung von Sitzungsunterlagen verfügt (Art. 11 des Gesetzes zur Änderung der Kommunalverfassung). Der Schutz für personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist dabei zu berücksichtigen. Dies war bislang auch nicht anders. Deshalb gibt es eben den öffentlichen und nichtöffentlichen Teil einer Sitzung.
Artikel 10 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Oktober 2015 (Übergangsbestimmungen)
§ 1 Veröffentlichung von Informationen § 41 b Absatz 1, 2 und 5 der Gemeindeordnung und § 36 a Absatz 1, 2 und 5 der Landkreisordnung finden keine Anwendung auf Gemeinden und Landkreise, in denen kein elektronisches System zur Bereitstellung der Sitzungsunterlagen für die Gemeinderäte beziehungsweise Kreisräte existiert
Gemeinderäte dürfen Sitzungsunterlagen bekannt machen
Allerdings dürfen jetzt Gemeinderäte Beratungsunterlagen für öffentliche Sitzungen mit Ausnahme zur Wahrnehmung ihres Amtes bekannt geben. Damit soll gewährleistet werden, dass Gemeinderäte über die Inhalte diskutieren und sich eine Meinung bilden können, z.B. in ihren Wählervereinigungen/Parteien oder öffentlich
Vorberatungen in beschließenden Ausschüssen waren bislang nichtöffentlich. Die Vorberatungen können nunmehr auch öffentlich sein. Näheres hat die Gemeinde zu bestimmen.
Amtliche Bekanntmachungen können zukünftig auch im Internet erfolgen.
Fazit
- Wenn in der letzten Gemeinderatssitzung dem Meckesheimer Gemeinderat vorgeworfen wurde, er setze sich über § 41b GemO hinweg ist das schlichtweg falsch, weil Meckesheim wie alle anderen Gemeinden des Kreises noch über kein Räteinfosystem verfügt.
- Die Einführung eines Ratsinformationssystems verursacht Kosten und seine Betreuung ist personalintensiv. Das kostet alles Geld ist aber trotzdem wünschenswert. Dass noch nicht alle 14 Gemeinderäte eine Email-Adresse haben, lässt allerdings aufhorchen. Wie soll da ein solches System effektiv eingesetzt werden?
- Die Gemeinde darf Unterlagen freiwillig veröffentlichen, was auf der Hand liegt, wenn nach dem klaren Gesetzeswortlaut schon jeder Gemeinderat sie bekannt geben darf. Hier hat sich allerdings der Gemeinderat – vermutlich um auf der rechtlich sicheren Seite zu stehen – offensichtlich die Auffassung des Gemeindetags zu eigen gemacht. Danach sollen die Beratungsunterlagen dem Gemeinderat vornehmlich für die persönliche Information und Meinungsbildung zur Verfügung stehen. Sie seien daher „interne Papiere“ und dürften nicht vor der Gemeinderatssitzung veröffentlicht werden. Dies Auffassung deckt sich nicht mit der Zielsetzung des Gesetzgebers und widerspricht dem eindeutigen Wortlaut der Gemeindeordnung. Papiere, deren Inhalt man bekannt machen darf, können nicht intern sein. Dass die Gemeinde sich dem Gemeindetag aus Gründen der Rechtssicherheit anschließt, ist allerdings verständlich.
- Geht man hingegen – wie ich meine richtigerweise – davon aus, dass Gemeinderäte die Unterlagen bekannt machen und damit auch im Internet veröffentlichen dürfen, gilt was immer galt. Bei Bekanntgaben bleibt es dann – wie bisher – bei der Unterscheidung zwischen öffentlichem und nichtöffentlichem Teil (personen- und unternehmenbezogene Daten, Besoldungsfragen, Bewerbungen etc., Privatsphäre eben).
- Um Kosten und Personal für die Gemeinde zu sparen, hätte jede der drei Gemeinderatsfraktionen die Möglichkeit, die Beratungsunterlagen auf ihren Homepages einzustellen. Voraussetzung ist natürlich, dass sie sich der hier vertretenen Auffassung aufgrund Wortlaut und Zweck des Gesetzes anschließen. Die SPD war für das Gesetz als Regierungspartei mitverantwortlich und sollte am Besten wissen, was der Gesetzgeber wollte. Die Information der Bürger durch die Gemeinderatsfraktionen mit Kommentierungen aus Sicht von MuM, CDU und SPD und die Aufforderung an die Bürger ihre Meinung dazu einzubringen, wären für die Bürgergesellschaft ein enormer Gewinn. Den Nutzen hätten aber nicht nur die Bürger, sondern auch die Fraktionen. Die CDU Meckesheim nutzt das Internet teilweise schon in diesem Sinne mit der Einstellung der Protokolle von Gemeinderatssitzungen.
- Der Anfang in die bürgernahe Informationsgesellschaft ist gemacht. In wenigen Jahren wird es eine Selbstverständlichkeit sein, dass solche Vorlagen im Internet eingestellt sind.