„Ich heiße Johann Adam Müller, bin geboren in Meckesheim …

und jetzt Bauer auf dem Maisbacher Hofe bei Heidelberg, 46 Jahre alt und reformierter Religion, bin verheiratet und habe dermal fünf Kinder. Ich wurde christlich und gottesfürchtig erzogen, und schon ein einem Alter von dreizehn Jahren hatte ich die ganze Bibel durchgelesen …“

Der Bauernprophet

So beginnt die Erzählung des berühmten Bauernpropheten aus Meckesheim. Im Vorfeld der 1200-Jahrfeier Meckesheims soll hier auch die Geschichte des „Hannadels“, wie man ihn nannte, aufbereitet werden. War er nur ein verrückter Spinner oder wirklich der Mund Gottes?

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Hannadel-Brunnen in Meckesheim
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Theateraufführung „Der Bauernprophet“ des Gesangvereins Meckesheim 1979

Wer war er?

Hier zunächst die Kurzbeschreibung dieses sonderbaren Mannes durch Tante Wiki (Pedia):

Johann Adam Müller (* 27. März 1769 in Meckesheim; † 9. Dezember 1832 in Maisbach) wurde als „Bauernprophet“ bekannt.

Müller wurde in Meckesheim geboren und kam nach seiner Heirat auf den Maisbacher Hof bei Nußloch, wo er mit seiner Frau und fünf Kindern als Bauer lebte. 1807 suchte er zu Fuß den preußischen König Friedrich Wilhelm III. in Königsberg und Memel (heute Klaipeda) auf, wurde von ihm und Königin Luise empfangen und berichtete ihm von seiner göttlichen Weisung die Jesaja-Kapitel auszulegen. Er prophezeite, dass die Niederlage Napoleons bevor stünde, wenn Russland und Österreich ein Bündnis eingingen. 1813 gewährte ihm der Preußenkönig anlässlich seines Besuches eine weitere Audienz und bestätigte ihm die Richtigkeit seiner Prophezeiungen hinsichtlich der Niederlage des Kaisers und den Brand Moskaus.

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Johann Adam Müller musste viel Spott und Hohn wegen seiner hellseherischen Fähigkeiten über sich ergehen lassen. Doch Müller zeigte sich stets furchtlos und ließ sich nicht einschüchtern. Bei einer erneuten Vision sah er am feurigen Himmel Kriegsheere gegen Osten ziehen, eine überirdische Stimme forderte ihn auf, den König von Preußen aufzusuchen und ihm bestimmte Weissagungen mitzuteilen. Nach langem Überlegen entschloss sich Müller, nach 1807 zu Fuß nach Königsberg zu gehen; er nahm Abschied von seiner Frau und den fünf Kindern. Auf dem endlos langen Weg zum preußischen König Wilhelm III. erlebte er so manches Abenteuer bei Prenzlau und Pillau. Vor Königsberg traf er einen Leutnant, der ihn zur Königin Luise und König Friedrich Wilhelm III. brachte, denen er seine Prophezeiungen vortrug. Er berichtete ihnen von seinem Auftrag und der höheren Weisung, ihnen die Jesaja-Kapitel auszulegen. Müller überzeugte den König von der Notwendigkeit eines Bündnisses mit Russland und Österreich gegen Napoleon. Er kehrte nach Maisbach zurück. Nach dem Sieg über Napoleon kam überraschend Prinzessin Solms, eine Schwester der Königin, nach Maisbach und bat Müller zum König, der in Heidelberg weilte. Müller wurde von ihm in allen Ehren empfangen, da alles eingetroffen war, was er vorausgesagt hatte. Der Preußenkönig bestätigte Müller, dass alle seine Prophezeiungen, u. a. über den Krieg Frankreichs gegen Russland, den Brand von Moskau und den Rückzug von Napoleon, eingetroffen seien.Von Stund wurde Johann Adam Müller jetzt geehrt und geschätzt und galt jetzt weit und breit als der berühmte Bauernprophet.

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Quelle: IGV Nußloch

Erfolgstück der IGV Nußloch

Der Bauernprophet in der Fassung von Rudolf Lehr wurde zu einem Erfolgsstück der Interessengemeinschaft Volksschauspiele IGV Nußloch. Sie führte den Dreiakter 1996, 1997 und 2000 im Hofe ihres Gutshauses der Familie Bettendorf als Freilichtspiel auf.

Hier der Link auf die Seite der IGV:

http://www.igv-nussloch.de/bauernprophet-1994-1996

Lassen wir jetzt aber  Johann Adam Müller selbst zu Wort kommen:

Der neue Prophet. Erzählung.

„Ich heiße Johann Adam Müller, bin geboren in Meckesheim,  und jetzt Bauer auf dem Maisbacher Hofe bei Heidelberg, 46 Jahre alt und reformierter Religion, bin verheiratet und habe fünf Kinder.

Ich wurde christlich und gottesfürchtig erzogen, und schon ein einem Alter von dreizehn Jahren hatte ich die ganze Bibel durchgelesen, da wir Kinder von unserem Vater stets angehalten wurden, in den Winterabenden und des Sonntags zwei Kapitel aus der Heiligen Schrift abwechselnd in der Familie vorzulesen.

1. Den Vater auf vier Jahre von den Toten erweckt

In meinem 19. Jahre, es war ein Pfingstdienstag, war ich auf dem Felde, als ein Bote zu mir kam und mich eiligst nach Hause rief. Mein Vater sei gestorben, der schon beinahe ein Jahr gekränkelt hatte.

Ich eilte, was ich konnte, und schon waren die Leute beschäftigt, den Toten umzukleiden, als ich sie wegdrängte, mich über meinen Vater hinwarf, ihn rüttelte und Gott innigst bat, ihn doch nur noch vier Jahre leben zu lassen. Auf dies schlug mein Vater die Augen empor und neues Leben kam in seine Glieder. Ich fragte ihn, was er dann gemacht habe? Da sagte er, er sei an einem guten Orte gewesen, doch mehr sprach er nie darüber.

Lange nachher war ich einst wieder im Begriffe auf den Acker zu fahren. Da kam mein Vater auf dem Hofe zu mir und sagte: „Leb wohl mein Sohn. Wir sehen uns lebend nicht wieder. Ich habe dich redlich und christlich erzogen. Bleibe so und sorge für Deine Mutter und Geschwister. Ich werde sterben.“

Ganz sonderbar ward mir hierbei zu Mute und ich fragte ihn, ob ich zu Hause bleiben sollte. Doch mein Vater hieß mich fortfahren und mein Geschäft besorgen. Noch nicht lange war ich auf dem Felde, als ein Bote kam und mir die Nachricht brachte, mein Vater sei gestorben. Und so blieb er auch tot.

Es fiel uns nun allen erst auf, dass es wieder ein Pfingstdienstag und gerade vier Jahre waren, seit ich ihn vom Tode erweckt und Gott um Verlängerung seines Lebens für diese Frist gebeten hatte.

2. Verheiratung auf dem Maisbacher Hof

Nach meines Vaters Tod ging ich als Knecht zu meiner Mutter Schwester, wo ich acht Jahre

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Quelle: IGV Nußloch, Der Bauernprophet 2000

diente, und mich dann auf den Maisbacher Hof verheiratete, wo ich mich anfangs mit meiner Frau sehr plagen musste, und der vielen Arbeit wegen nur des Sonntag Nachmittags, wenn andere in den Wirtshäusern spielten, zu Hause in der Bibel einige Kapitel las. Bei der Arbeit sang ich meine heiligen Lieder und verehrte Gott allenthalben.

3. Die erste Erscheinung 1805: Die Franzosen ziehen gegen Österreich

Die erste meiner Erscheinungen hatte ich in der Nacht des neuen Jahres von 1804 auf 1805. Ich schlief fest. Da weckte mich eine Gestalt in weißem langem Kleide und rüttelte mich. Ich wachte auf und vor meinem Auge verging die Gestalt. Ich dachte, es sei vielleicht ein Verwandter von mir gestorben, der sich bei mir melde, und nahm mir vor, wenn sie wieder käme, den Geist fest zu halten, und zu fragen, was er wolle. Ich war hierauf wieder eingeschlafen, als die Gestalt mich abermals weckte. Ich griff nach ihr und sprang aus dem Bette, worauf auch sie stille stand und laut und deutlich zu mir sagte: „Dieses Jahr entsteht ein Krieg zwischen Frankreich und Österreich, und wenn Letzteres nicht Friede macht, so wird es alles verlieren. Hierauf blitzte es am Himmel und die Gestalt verschwand. Ich ging nach dem Fenster, durch das der Blitz leuchtete. Da sah ich deutlich am Himmel Atillerie von Frankreich gegen Österreich zu fahren, welcher Zug 3/4 Stunden währte. Pferde, Knechte, Kanonen, Pulverwagen. Alles war deutlich zu erkennen, nur dass sie ganz feurig waren. Meine Frau rief mir, was ich am Fenster mache, und ich hieß sie kommen, wenn sie etwas sehen wolle. Doch war sie nicht aus dem Bette zu bringen. Der Krieg brach endlich wirklich aus, und als die Franzosen gegen Österreich zogen, war die allgemeine Klage, dass wir am Rhein viel würden leiden müssen, wenn sie zurückgeschlagen würden.

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Quelle: Bauernprophet, IGV-Nußloch, Aufführung 2000

Da offenbarte ich den Bauern, dass Österreich alles verlieren würde, wenn es nicht Frieden mache. Die Bauern lachten mich aus und sagten: „Nun Müller, wenn das wahr ist, so sollst du unser Prophet sein.“ Es wurde wahr und kam wie ich gesagt hatte.

Anmerkung: Der zweite napoleonische Krieg begann mit einem Angriff Österreichs auf Bayern am 8. September 1805. Die Kriegserklärung an Frankreich folgte am 23. September. Napoleon überquerte am 25. September den Rhein. Die verschiedenen französischen Korps überschritten die Donau bei Donauwörth, Neuburgund Ingolstadt. Ein österreichisches Korps wurde zurückgeworfen und so von der Hauptarmee getrennt. Am 9. Oktober wurde die Brücke bei Günzburg genommen. München wurde von Bernadotte und Augsburg von Marmont besetzt. Napoleon gelang es auch durch den Sieg in der Schlacht von Elchingen in einer Umfassungsbewegung die österreichische Armee unter Karl Mack bei Ulm einzuschließen und in der Schlacht von Ulm zu besiegen. Mack musste mit dem Großteil seiner Armee am 17. Oktober 1805 kapitulieren, wobei rund 26.000 Österreicher in französische Gefangenschaft gerieten.

4. Zweite Erscheinung 1806. Krieg zwischen Preußen und Frankreich.

1806 hatte ich die nämliche Erscheinung, und der Krieg zwischen Preußen und Frankreich war mir ebenso verkündet. Bis daher hatte ich aber noch keinen Auftrag erhalten, die Monarchen zu warnen.

5. Dritte Erscheinung 1807: Gehe zum russischen Kaiser und zum König von Preußen

Im Jahre 1807 erschien mir ein bejahrter Mann in glänzender lichter Gestalt, dessen Gesichtszüge aber ganz deutlich zu erkennen waren, und befahl mir eilends zu dem Kaiser

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Quelle: IGV Nußloch, Bauerprophet 2000

von Russland und dem Könige von Preußen zu gehen. Ich wusste gar nicht, wo diese Länder lagen, und was ich da machen sollte, und sagte dies der Erscheinung, die mir erwiderte: Gott würde mir schon die Worte in den Mund legen – worauf sie verschwand. Ich saß wachend im Bette, da fiel mir Moses ein, wie ihm von Gott alles eingegeben worden sei, stand auf und kniete mich an das offene Fenster, indem ich Gott bat, im Namen Jesu Christi mir alles zu offenbaren, und mich zu leiten. Nach diesem Gebet legte ich mich wieder zu Bette und schlief ein. Da erschien mir der nämliche Mann von glänzendem Lichte umstrahlt, und ihm zur Seite zwei Gestalten, die kaum zu erkennen waren, und wieder verschwanden. Der Geist trat hierauf vor mich hin, und hatte unter seinem Arme zwei Bücher, die vor Alter ganz unkenntlich waren, worüber ich mich nicht genug verwundern konnte. Da sagte mir derselbe: „So alt wie Gott ist, ist sein Wort, das hierin enthalten ist.“ Es waren das alte und das neue Testament. Das alte schlug er auf und befahl mir: „Gehe zum russischen Kaiser und dem Könige von Preußen und sage ihnen, sie sollten tun, wie in dem Propheten Jesaja Kapitel 58 bis 64 stünde. Frankreich – sprach er ferner – muss verteilt werden. Vier Monarchen sollen es beherrschen und Preußen will ich so groß machen, wie es noch nie gewesen war. Dann werden Heiden und Türken sich taufen lassen und zuletzt die Juden und es wird nur eine Religion sein und ein tausendjähriger Friede werden. Die Gestalt führte mich hierauf im Geiste nach Königsberg

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Theateraufführung der IGV Nussloch 2000

durch viele Städte und sagte mir alles, was mir auf der Reise begegnen würde. Lebhaft sah ich mich in Stettin und dann in Königsberg in einem großen Hause und sehr schönen Garten, in dem ich so bekannt schien, als wäre ich schon lange Zeit da gewesen. Von da kam ich nach Memel, wo mehrere Leute saßen, die Brot aßen, dass ich gar nicht glauben konnte, dass es zu genießen wäre. Doch die Leute sagten mir, dass es recht gut schmecke. Von Memel kam ich wieder zurück an den Rhein, wo ich mich in eine neue Stadt versetzt sah, die zwischen Philippsburg und Nußloch gebaut war. Sie war von großem Umfange und in der Mitte derselben war eine Kirche gebaut, die vier Tore hatte. An den vier Ecken der Stadt waren vier Schlösser, die für die vier Monarchen bestimmt waren, die hier alle Jahre ein Mal zusammen kommen sollten, und von denen die Straßen gerade nach den Toren der Stadt gingen. Alle anderen Straßen der Stadt kamen auf die Kirche zusammen. Heiden, Türken und Christen lebten hier in einer Religion und waren gottgefällige Menschen.

Nachdem mich der Geist überall herumgeführt hatte, befand ich mich wieder in einem kleinen Häuschen auf einem Berge unweit Nußloch dicht an der Bergstraße. Neben mir saß meine Frau und ich bei ihr auf der Erde, da kamen die vier Monarchen zu mir und sprachen mit mir. Dann war ich auf einmal wieder in meinem Bette wachend. Und mein ältestes Kind rief mir zu: „Vater! Mit wem sprichst du denn? Wer war denn bei dir? Ich habe so hell gesehen.“ Auch die Mutter fragte mich, mit wem ich gesprochen habe.

6. Aufbruch nach Königsberg

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Quelle: Der Bauernprophet, IGV Nußloch, Aufführung 2000

Des anderen Tags fragte ich meine Frau, was sie denn machen würde, wenn ich 1/4 Jahr nicht bei ihr wäre, worauf sie mir klagte, sie wisse sich dann nicht zu helfen, der kleinen Kinder wegen; und ich entschloss mich, nicht fortzugehen und alles geschehen zu lassen, wie es wolle. Da kam mir in der siebten Nacht die Erscheinung wieder vor und rief mir zu, wenn nicht gingen, so solle alles Blut über mich kommen und alles von meinen Händen gefordert werden. Nun dachte ich, dass ich doch gehen müsse, und als ich den März hierzu abwarten wollte, hatte ich keine Ruhe und Rast, und wo ich ging und stand, überfiel mich Bangigkeit. Ich sagte dies meiner Frau, die mich hierauf in Gottes Namen gehen hieß. Nachdem ich einen anderen Bauern, namens Lämmler, gebeten hatte, für mein Weib und meine Kinder während meiner Abwesenheit besorgt zu sein, steckte ich eine Semmel, etwas Fleisch und 24 kr. zu mir, nahm tränend Abschied, und trat so, im Vertrauen auf Gott, meine weite Reise an.

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Quelle: Der Bauernprophet, Aufführung der IGV-Nußloch

Ein Stückchen von meiner Heimat sah ich mich nochmals nach dieser um, da packte michs bei meinen Schultern und drehte mich nach dem Wege. Wo ich nun hinkam begegnet mir alles, wie es mir im Geiste vorgekommen war, was mich ungemein freute, und mein Vertrauen bestärkte. Allenthalten wo ich um Nachtlager bar, erhielt ich es nebst Kost unentgeltlich. Und in der Nacht kam mir immer wieder vor, wohin ich des anderen Tags gehen sollte.

7. Prenzlau

So kam ich bis Prenzlau, wo die Franzosen standen und ich um meinen Pass befragt wurde. Da ich keinen hatte, so ward ich als verdächtig zum Kommandanten gebracht. Der Mann, der mich dahin führte, war ein Bürgersoldat und bedauerte mich, dass es schlimm wegen der Pässe sei. Ich betrachtete ihn genau und fand, dass er gerade auf ein Haar meiner erschienenen Gestalt gleiche. Ich war außer Sorgen und gab dies auch meinem Führer zu erkennen, dessen Ähnlichkeit mit jenem Geiste ich für eine gute Vorbedeutung nahm, so dass mir das Herz im Leibe lachte. Der Kommandant fragte mich, wo ich her wäre und hin wollte. Worauf ich ihm sagte, ich hätte einen Bruder in Stettin, den ich besuchen wollte. Er hieß mich nach dieser kurzen Abhörung gehen und ich solle zusehen, wo ich hinkomme. Der Bürger konnte sich hierüber nicht genug wundern, und sagte, er habe schon so viele hergeführt, die lange eingesperrt und herumgeschleppt worden wären, ich müsse besondere Gnade von Gott haben. Er bot sich hierauf an, mich vor das Tor auf den rechten Weg zu führen, der nach Stettin ginge, was ich auch annahm und seiner Weisung folgte.

8. Verhöre in Stolpen, Pillau und Königsberg

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Quelle: IGV Nußloch

An der Oder hatte ich schon mehr Umstände und wurde zurückgewiesen. Da kam ich zu einem Pfarrer, dem ich den Zweck meiner Reise mitteilte und der mir glücklich hinüber half. In Stolpen wurde ich von den Preußen als Spion arretiert und nach langen Beratschlagungen und Hin- und Herschleppen nach Pillau gebracht. Ich hatte Vieles auszustehen, doch da ich alles vorhersah, dass mir kein Haar gekrümmt würde, war ich guten Mutes. In Pillau wurde ich verhört und zu Schiff nach Königsberg gebracht, wohin mein Protokoll vorausgegangen war. In Königsberg kam ich in das Haus mit jenem Garten, die ich ganz deutlich wieder erkannte, und das der General Küchel bewohnte. Bei diesem waren der General Blücher und eine Menge Generale, die mich umringten. Da ich in meiner schon zu Pillau aufgesetzten Aussage dies Haus und diesen Garten beschrieben hatte, so staunten alle darüber und ich ward nun wieder verhört. Ich erzählte die Umstände meiner Sendung und dass ich den König und den Kaiser sprechen müsse, wo sie denn auch jene Worte hören könnten, die ich ihnen jetzt nicht sagen dürfe und nur dem König zu sagen hätte, wobei sie aber gegenwärtig sein sollten.

9. Vor König und Königin

Des Abends wurde ich noch der Königin vorgestellt, und blieb hierauf bis zur Ankunft des Königs im Hause des Generals Küchel, wo ich auf Befehl der Königin Quartier und Kost und täglich einen Gulden erhielt und mir im Hause Beschäftigung machte. Als der König kam, der sich in Heiligenbeil aufhielt, wurde ich demselben vorgestellt, der schon meine schriftlichen Angaben und Verhöre erhalten hatte. Die Bibel lag auf dem Tische und ich musste dem König nun alle angezeigten Kapitel auslegen. Ich offenbarte ihm nun alles, dass Frankreich in vier Stücke geteilt werden müsse, dass die Franzosen im Norden zugrunde gehen würden, und Preußen würde so groß werden, als es noch nie gewesen und habe die allertreuesten Untertanen. Auch die Vereinigung der Religionen und die Erbauung jener Stadt offenbarte ich ihm. Der König sagte mir, dass er ja keinen Krieg mehr fortsetzen und dies alles also nicht eintreten könne, worauf ich ihm sagte, er möge machen, was er wolle, es würde doch geschehen.

10. Ein Jahr in Memel

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Bald darauf kamen die Franzosen vor Königsberg und wir gingen nach Memel. Danzig wurde belagert und endlich der Friede von Tilsit geschlossen. Beinahe ein Jahr hielt ich mich in Memel und in der Gegend, erst bei General Küchle und als dieser seinen Abschied erhalten hatte, bei General Knobloch auf. Während dem wurde ich in viele vornehme Häuser geholt, wo ich Auslegungen in der Bibel machen und die Vereinigungen der Religionen erklären musste, wo man immer zu wissen verlangte, auf welche Religion alle andern getauft würden, ob auf die katholische, lutherische oder protestantische, welches ich aber nicht sagen konnte.

11. Neue Erscheinungen: Der Brand von Moskau

Bei meinem Aufenthalte in Memel hatte ich nun noch mehrere Erscheinungen, die mir die Zukunft deutlicher erleuchteten. So erschien mir eine große Versammlung der Völker, ein großes Feuer gegen Sonnenaufgang von Memel (der Brand von Moskau) und mehrere Vorbedeutungen. Aber unter den vorzüglichsten erschien mir ein Engel in hellem lichten Glanze, in der Hand ein gezücktes Schwert, das er mir in die Hand gab und dabei sagte: „Das Schwert ist gezogen und wird nicht mehr in die Scheide kommen, bis die Welt umgeändert ist. Dann sah ich zwei Adler, einen schwarzen und einen gelben, die sich stritten. Mir kam es vor wie sechs Jahre. Endlich bekam der schwarze die Oberhand und biss den gelben auf den Kopf worauf sie verschwanden.

Einige Zeit darauf erschienen mir zwei Könige, es waren heidnische und trugen ein großes Buch, worauf eine goldene Krone lag, neben der in zwei Teile geteilt das Wort stand: Bera – Beae, welches ein altgriechisches Wort ist, und auf Deutsch, Vereinigung der Religionen sagen will. Dann kamen mir große Schlachten in Sachsen vor, bei deren einer ich den König von Preußen und Kaiser von Russland auf einer Anhöhe stehen sah, die schon zu verzagen schienen. Allein ich rief ihnen zu, sie mögen nicht verzagen, die Franzosen würden geschlagen, sie müssten aber selbst bei ihren Leuten sein. Hierauf sah ich einen glänzenden Reiter vor ihnen herreiten, welches Gott selbst war, und der Feind wurde geschlagen.

12. Heimwärts nach 18 Monaten

Ich reiste nach dieser Zeit mit dem General Knobloch nach Königsberg, dem ich diese Reise acht Wochen zuvor gesagt hatte, die auch auf den Tag, den er notiert hatte, eintraf. Hier waren die Großfürsten von Russland mit ihrem Hofmeister, dem ich alles Vorhergehende erzählen musste, das er zu Papier  brachte und nach vielem Studieren auch die Bedeutung jenes altgriechischen Wortes fand. Diesen Aufsatz sandte er nach Petersburg und ich sollte Antwort erhalten. Doch mit jedem Tag wuchs meine Sehnsucht nach Hause und nachdem ich einen freien Post-Pass erhalten hatte, reiste ich nach einer Abwesenheit von 1 und 1/2 Jahren meiner Heimat zu.

13. Vorhersage stimmt

Ich blieb auf meinem Hofe und der Krieg zwischen Frankreich und Russland brach nun aus. Täglich ward ich nun von Hohen und Niederen besucht, was bis auf den heutigen Tage noch geschieht, und meine Vorhersagung traf zu.

14. Treffen des Preußenkönigs in Heidelberg

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Quelle: IGV Nußloch, 2000

Den König von Preußen besuchte ich in Heidelberg, wo er sich lange mit mir unterhielt, und ich ihm Glück wünschte, und dass nun alles eintreffe, was ich ihm damals in Königsberg gesagt hätte, worauf er mir versprach, dass er alles mit Gotte beginne.

Ich schrieb ihm dann mehrere Male nach Frankreich, und warnte ihn aus meinen geheimen Erscheinungen, die er gnädig aufnahm.

15. Erscheinung zur Christnacht 1814

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Auf Christnacht 1814 hatte ich eine Erscheinung, bei der ich in einem ebenen Feld war, wo sich viele Soldaten befanden, die sich damit beschäftigen, vier Pfähle aufzurichten, deren einer dem Könige von Preußen, einer dem Könige von Hannover, einer dem Könige von Württemberg und einer dem Könige von Bayern bestimmt waren, welcher letzterer den seinen aber gar nicht einsetzen lassen wollte (betrifft die Zwistigkeiten mit Österreich), worauf ihn aber die Soldaten mit Gewalt in die Erde gesetzt hätten, und als er eine Weile gestanden habe, sei er König von Bayern endlich auch zufrieden gewesen. Sodann kam mir vor, dass über Frankreich geschehen müsse, was gesagt wurde

  • Kahum im dritten Kapitel Zach. 4
  • Offenbarung Johannis im 17. Kapitel
  • Jeremia 50. Kapitel, Vers 8
  • Jeremia 51. Kapitel Verse 63 und 64
  • dann Offenbarung Johannis 18. Kapitel, Verse 4 und 21

welches alles ich dem Könige von Preußen nach Wien schrieb.

Vor dem Ausbruche des letzten Krieges kamen mir im Geist zwei große Schlachten vor, die eine bei Brüssel und die andere zwischen Elsaß und Lothringen, welche aber noch viel schrecklicher und blutiger als die erste sein würde.

Am 13. Juni sagte ich dies einem Adjutanten des Feldmarschalls Blücher, und bezeichnete ihm genau die Stellen der Schlacht, obschon ich nie in jenen Gegenden war. Doch da am 15ten die Schlacht schon begann, kam der Bote zu spät, der die glückliche Beendigung vorher sagen sollte.

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