Je mehr Wald der Gemeinde gehört, um so älter ist sie – Der Blick für’s große Ganze

1913 veröffentlichte die Technische Hochschule in Karlsruhe eine Feschrift zum Geburtstag des „geliebten Großherzogs“. Ihr Verfasser war der spätere Direktor der TH Fridericiana, der Forstwissenschaftler Dr. Hans Hausrath. Die Schrift trug den sperrigen Titel: „Die Geschichte des Waldeigentums im Pfälzer Odenwald“.  Sie begrüdnete neben anderen Veröffentlichungen den Ruf Hausraths als bedeutenden Waldbauhistorikers. Hausrath erforschte dabei mit dem Blick fürs große Ganze das Waldeigentum im badischen Odenwald, z.B. in Aglasterhausen, Allemühl, Baiertal, Bammental, Bargen, Breitenbrunn, Dallau, Daudenzell, Dilsberg, Dossenheim, Eberbach, Epfenbach, Eschelbronn, Gaiberg, Gauangelloch, Haag, Heidelberg, Helmstadt, Langenzell, Leimen, Lobenfeld, Mauer, Meckesheim, Mönchzell, Moosbrunn, Mückenloch, Neckargemünd, Pleutersbach, Reichartshausen, Schattausen, Schönbrunn, Spechbach, Waldhilsbach, Waldwimmersbach, Wiesenbach, Wiesloch, um nur einige zu nennen.

Der Boden im badischen Odenwald

Das Gebiet, mit dem sich Hausraths Untersuchung befasst, ist der seit 1802 badische, davor kurpfälzische Odenwald.  Er reicht von der klimatisch bevorzugten Bergstraße im Westen, bis Mosbach im Osten und von der Linie Wiesloch-Meckesheim-Mosbach im Süden, bis zur hessischen Grenze im Norden.

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Wie das Klima zeigt in diesem Gebiet auch der Boden große Unterschiede. Den größten Teil nehmen die wenig fruchtbaren Buntsandsteinböden ein. Sie haben immer vorwiegend Wald getragen und werden das wohl auch in Zukunft tun.

Längs der Bergstraße finden wir südlich des Neckars in der dortigen „Vorhügelzone“ abgesunkene Schollen aus Muschelkalk und Buntsandstein. Sie sind meist von einer mächtigen Lößschicht bedeckt.

Im Süden und Osten wird in den Grenzbezirken der Buntsandstein von Muschelkalk abgelöst. Auch hier sind beide von Löß oder Lehm bedeckt. Die höchste Erhebung des Gebietes, der Katzenbuckel bei Eberbach wird von Basalt gebildet.

Die durch Verwitterung des vulkanischen Porphyrs entstandenen Gebirgsböden sind zwar mineralisch reicher als die Buntsandsteinböden, aber steinig, arm an Feinerde und daher ebenfalls wenig fruchtbar. Dagegen haben die anderen Formationen meist Böden geliefert, die auch den Ansprüchen der Landwirtschaft  genügen, falls nicht die Steilheit der Hänge diese ausschließt.

Boden ermgöglicht Besiedelung durch Ureinwohner

In engem Zusammenhang mit diesen Bodenverhältnissen steht der Gang der Besiedelung des Odenwaldes. Die prähistorischen Niederlassungen besetzten vor allem die Lößgebiete und drangen von diesen aus in die weiten Talmündungen ein. So reichten sie im Neckartal von Westen bis nach Ziegelhausen und beginnen dann erst wieder in der Gegend von Neckargerach aufwärts, so dass der kleine Odenwald ausgeschlossen blieb.

Auf den Lößboden siedelten sich einjährige Pflanzen, die Thermophyten an, so dass hier kein Wald entstehen konnte. Dies hat die Ureinwohner zur Niederlassung angelockt, da hier keine mühsame Rodungsarbeiten forderlich waren. In frühgeschichtlicher Zeit sind sie dann auch in die Täler des nördlichen Odenwaldes eingedrungen, das Buntsandsteingebiet aber blieb von dieser ersten Besiedeldung fast völlig unberührt.

Die Römer

haben Straßen und Kastelle angelegt, an die sich wohl auch einzelne Ortschaften anschlossen. Aber in den Kämpfen, die den endgültigen Zusammenbruch der römischen Herrschaft herbeiführten, sind diese fast völlig verschwunden. Für das Ende des römischen Reiches spielten übrigens nicht bloß die heranrückenden Germanenvölker eine Rolle. Mitursächlich war auch die Unlust der römischen Bürger immer weiter für die hohen Kosten dieser damals globalen römischen Weltordnung aufzukommen. Die Bürger in der heutigen Toskana oder Perugia fragten sich, weshalb sie immer weiter dafür zahlen sollten, dass die politischen Eliten die Grenze des römischen Reiches an Rhein oder Donau verteidigten. Dies erinnert an die gegenwärtige politische Situation in Europa, wo sich viele in Deutschland oder Frankreich fragen, was die Krise im Nahen Osten mit ihnen zu tun hat.

Die Alemannen

mieden das Innere des Gebirges. Ihre Niederlassungen beschränkten sich auf die fruchtbaren Randgebiete. Schon das zeigt, dass die Rodungen der Römerzeit im Odenwald selbst keinen allzu großen Umfang gehabt haben können. Sie waren im wesentlichen von militärstrategischen Gesichtspunkten bestimmt.

Die Franken

Auch die Franken haben zunächst nur die von den Alemannen bereits besiedelten Randgebiete besetzt. Seit dem Ende des siebten Jahrhunderts drangen sie dann von Nordwesten, Norden und Osten auch wieder meist den Täler folgend, mit Rodungen und Ortsgründungen in den Odenwald ein. Aber wiederum waren es fast ausschließlich die fruchtbaren Böden des Urgebirges, des Rotliegenden und des Löß, die zur Ansiedlung benutzt wurden. Das Buntsandsteingebiet blieb nach wie vor menschenleer. Den gleichen Eindruck erhalten wir vom Zustand des Westabhangs längs der Bergstraße im achten und neuntem Jahrhundert durch die im berühmten Lorscher Codex verzeichneten Schenkungen, die vielfach Neuland und in Rodung genommene Waldstücke betreffen, aber sich doch, soweit für das heute noch feststellen können, auf den Rand des Gebirges und die Ebene beschränken. Die wichtigste Ausnahme ist der Heiligenberg über Neuenheim, auf dem in der Römerzeit ein Merkurtempel gestanden hatte und der dann königlicher Besitz geworden war. Zwischen 863 und 875 wurde hier das Kloster zu Ehren des Heiligen Michael gegründet und dann 882 mit dem königlichen Gut von Karl dem Dicken an Lorsch geschenkt. Dieses Stammgut des Klosters bestand in der Hauptsache aus Wald.

Wie den Heiligenberg haben die fränkischen Könige nach der Vertreibung der alle Mannen auch sonst in unserem ganzen Gebiet ausgedehnten Grundbesitz für sich beansprucht und mit einem Teil desselben ihre Gefolgsleute ausgestattet. In dem Gebiet zwischen Rhein, Main und Neckar lagen Königsforste, große und kleine Marken gemengt und diese waren teils Gemeineigentum aller freien Bewohner des Markgebiets, teils Sondereigentum einzelner großer Herren.

In einzelnen Marken der Ebene war, das zeigen die Schenkungen an das Kloster Lorsch, die Aufteilung des Grund und Bodens, den Wald nicht ausgenommen, schon im achten Jahrhundert durchgeführt. Im Gebirge dagegen ist selbst die Abgrenzung von Mark- und Königswald erst in späterer Zeit vollzogen worden. Die dabei den Königen als Reichsgut zugefallenen Teile haben dann mannigfach den Eigentümer gewechselt, wir finden einige von ihnen später  im Besitz des Großherzoglichen Domänenärars, andere in dem der Standesherrschaft Leiningen und verschiedener Grundherren, wieder andere gehören einer der beiden Landeskirchen; auch in den Besitz von Gemeinden sind einzelne Wälder übergegangen.

Zusammenfassung Hausraths

Hausrat fasst am Ende seiner Schrift seine Forschungsergebnisse zusammen:

„Ich möchte das Ergebnis meiner Forschungen dahin zusammenfassen, dass für die Entwicklung des Waldeigentums in unserem Gebiet vor allem die natürliche Bodenbeschaffenheit maßgebend war, die veranlasste, dass der größte Teil des Gebirges erst spät besiedelt wurde. Wichtig ist auch, dass wir uns im fränkischen Eroberungsland befinden. Daraus erklärt sich der ursprüngliche Besitz der Könige, wie er ja auch in der Rheinebene von der Murg bis gegen Darmstadt sich findet. Gewissermaßen das Gegengewicht dazu bildete die Tatsache, dass es spät eine starke Territorialgewalt aufkam. Denn daraus lässt sich ersehen, dass die Gemeinden vielfach weitgehende Nutzungsrechte im alten Königswald erwerben konnte, die dann den Übergang in ihr Eigentum einleiteten. Unter den Gemeinden selbst lassen sich gewissermaßen Schichten verschiedenen Alters unterscheiden, und es darf wohl gesagt werden, die ältesten Gemeinden, die Stammessiedlungen der Alemannen und Franken, zeichnen sich durch den Besitz althergebrachten echten Gemeindewald es aus, der in der Regel den größten Teil der Waldungen auf der Gemarkung umfasst. Ob dies auch für weitere Teile Badens gilt und vielleicht sogar umgekehrt in einzelnen Fällen zu Schlussfolgerungen über Alter und Entstehungszeit von Gemeinden benutzt werden darf, wird erst dann entschieden werden können, wenn auch deren Waldgeschichte genauer erforscht sein wird“

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