Eine Mönchzellerin 1778 vor Gericht – Straftat: ledig und schwanger

Bereits um  1330 gingen die Dörfer der Meckesheimer Zent an die Pfalzgrafschaft über. Die Pfalzgrafen hatten vor allem das

  • Schatzungsrecht, also das Recht Steuern zu erheben
  • Waffenrecht, das ist das Recht die Untertanen als Soldaten zu den Waffen zu rufen
  • Jagdrecht in den Wäldern
  • Blutsgerichtsbarkeit, auch Hochgerichtsbarkeit genannt, für schwere Verbrechen und Vergehen. Mord, Notzucht (= Vergewaltigung), schwerer Diebstahl und  Gotteslästerung wurden mit dem Tod bestraft. Schwere Körperverletzung, schwere Verleumdung und Anstiftung zum Aufruhr wurden mit einer hohen Geldstrafe geahndet, die an den Pfalzgrafen abgeführt wurde.

Die Niedere Gerichtsbarkeit oder Dorfgerichtsbarkeit verblieb den Ortsherren, also in Mönchzell  den Mönch von Rosenberg, dann den Freiherren von Zandt und von Festenburg und schließlich den von Uexküll-Gyllenband. Die Dorfgerichtsbarkeit war mit der Aufsicht über das Dorf und die Mönchzeller Gemarkung verbunden. Bei ihr ging es um Strafen für Beleidigungen und Raufereien, Wald- und Feldfrevel und andere Ärgernisse im Ort. Das Mönchzeller Dorfgericht urteilte in erster Instanz und war wohl auch für das Erbrecht, Grenzstreitigkeiten sowie die Registrierung und Überwachung von Grundstücks- und anderen Verkäufen zuständig. Es ist aus dem Jahr 1565 überliefert, dass das Mönchzeller Dorfgericht durch die Glocke einberufen wurde. Auf ein Glockenzeichen hin musste sich das Dorfgericht zu einer bestimmten Stunde versammeln. Nach dem Aufhören des Läutens wurde eine kleine Wachskerze von der Länge eines Fingergliedes angezündet. Jeder Gerichtsmann, der erst nach dem Abbrennen der Kerze beim Ortsgericht erschien, musste eine Geldstrafe von 1 Schill. Pfenn Versäumnisstrafe zahlen. Eingeführt hat diese Regelung der Ortsherr Georg von Zandt.  Folter durfte das Mönchzeller Dorfgericht nicht anwenden , auch war es ihm versagt, schwere Leibesstrafen und die Todesstrafe zu verhängen. Dazu war nur das Meckesheimer Zentgericht berechtigt.

NeckargemündAltesRathaus
Das Zentgericht tagte im Neckargemünder Rathaus

Das Meckesheimer Zentgericht übte die Blutgerichtsbarkeit über die Zentdörfer für den Pfalzgrafen aus. Es  tagte unter dem Vorsitz des Meckesheimer Zentgrafen, der genauso wie die Zentschöffen ein Bauer war. 1346 verlegte Pfalzgraf Ruprecht I. die Gerichtsstätte der Meckesheimer Zent, die bis dahin „uff dem Neuenberg“ gewesen war – ein Flurname, den es in Meckesheim heute nicht mehr gibt – nach Neckargemünd. Ab dem 15. Jh. tagte das Zentgericht im Untergeschoss des Neckargemünder Rathauses (siehe Bild). Das Gefängnis der Meckesheimer Zent befand sich auf dem Dilsberg. Seine dunklen und kaltfeuchten Verließe waren berüchtigt. Im Zentvertrag von 1561 werden die Orte genannt, die zur Meckesheimer Zent gehörten. Das waren Meckesheim, Mönchzell, Eschelbronn, Speckbach, Lobenfeld, Waldwimmersbach, Wiesenbach, Langenzell, Mauer, Mückenloch, Daisbach, Zuzenhausen, Schatthausen, Maisbach, Ochsenbach, Gauangelloch, Gaiberg, Waldhilsbach, Mauer, Reilsheim und Neckargemünd, das der Zent auch später den Namen geben sollte: Gemünder Zent, nämlich.

Dreipfostengalgen
Vier und Dreipfostgengalgen auf einer Hinrichtungsstätte.

Wie gesagt, führte den Vorsitz beim Zentgericht zunächst ein bäuerlicher Zentgraf. Später hat dann der Amtsmann auf dem Dilsberg, der Jura studiert hatte, das Richteramt des Zentgrafen übernommen. Wer zum Tode verurteilt wurde, musste am Zentgalgen hängen. Der älteste  bekannte Zentgalgen stand auf dem „Galgenberg“ zwischen Wiesenbach und Mauer. Wo der Galgenberg genau war, wissen wir heute nicht mehr. Vielleicht auf dem Krähenbuckel, weil die Vögel von den Toten angezogen wurden? Im 18. Jahrhundert befand sich der Zentgalgen jedenfalls auf Bammentaler Gemarkung, nämlich ungefähr 250 Meter unterhalb der heutigen „Drei-Hasen-Hütte“. Der Zentalgen war ein sogenannter „Dreipfostengalgen“. Er bestand nämlich aus drei Pfosten, die zueinander im gleichen Winkel standen und oben durch drei Balken miteinander verbunden waren.

Dienstmagd
Constantin Meunier – Frühstück der Dienstmagd

Wir wissen kaum etwas über die Urteile, die das Meckesheimer bzw. Gemünder Zentgericht gesprochen hat. So wurde einmal ein Schmiedegeselle wegen Diebstahls am Zentgalgen hingerichtet. Und: 1778 untersuchte das Zentgericht den Fall einer Mönchzellerin. Den Vorsitz als Richter führte der Zentgraf Gerhäuser, der Amtmann auf dem Dilsberg war. Die Verhandlung fand im Untergeschoss des Neckargemünder Rathauses statt. Anklagepunkt war – wie wohl oft – eine außereheliche Schwangerschaft. Wer einen „Bankert“ in die Welt setzte, machte sich strafbar. Einen Bankert nennt man in der Kurpflaz noch heute ein nichteheliches Kind. Die Angeklagte war Dienstmagd des Mönchzeller Ortsherren, des Freiherrn  Friedrich Emich Johann von Uexküll (1724–1810). Mehr als das Vorstehende wissen wir leidern nicht über das Schicksal der armen Frau.  Wir wollen auch dem Herrn von Uexküll kein Unrecht tun. Aber in Hinsicht Untergebene und Dienstherr spielte sich damals Vieles ab. „Je nobler, je schofler“ war damals ein geflügeltes Wort. Das Schlimme war, dass die uneheliche Geburt eines Bankerts eine Straftat war und eben nur die Tat bestraft wurde. Niemand fragte nach den Umständen. Die ledigen schwangeren Frauen wurden an den Pranger gestellt und öffentlich gezüchtigt. Dienstmägde verloren zudem ihre Stellung, wurden von den Eltern verstoßen und der Armut preißgegeben. Wie der Lebensweg solch einer jungen Frau aussah, kann sich jeder ausmalen. Das ein Vorgesetzter sich eine Dienstmagd einfach nahm, war nichts seltenes. Das Problem hatte die Frau, der man im Gegenteil zu einem Adeligen oder Vorgesetzten keinen Glauben schenkte. Viele solcher Frauen gingen schwanger „ins Wasser“ oder setzten das Kind einfach aus, wenn sie ihre Kinder nicht gar töteten. Die Tageszeitungen, die das Heidelberger Tagblatt, sind noch im 19. Jahrhundert voll von solchen Meldungen.

Auch ohne Vergewaltigung war das Leben einer Frau in dieser Zeit grauenhaft hart. Im Mönchzeller Kirchenbuch  von 1810 bis 1880 finden sich etliche Fälle, die auf ein schreckliches Leben hindeuten. Das gibt es beispielsweise die junge Mönchzeller Frau, die mit 20 das erste Kind unehelich bekommt. Glücklicherweise bekennt sich der 21jährige Kindsvater zu ihr. Im Jahr darauf wird geheiratet.Die Junge Frau bekommt im Jahrestakt mehr als zehn Kinder, darunter  Zwillinge und stirbt 33jährig.  Ihr Mann war Tagelöhner, so dass sicherlich Schmalhans Küchenmeister bei der jungen Familie war. Oder die Tochter eines „Hochherrschaftlichen“ Försters, die einen Schmiedemeister heiratete und am Anfang nur Mädchen bekam. Auch sie bekam über 10 Kinder und starb mit ca. 40. Und das alles zwischen 1810 und 1880, also gar nicht so lange her.

Quelle: Günter Wüst, 1000 Jahre Neckargemünd, S. 103 bis 106

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