Das alte Bürgerrecht am Beispiel Mönchzells – Als nur „Vollbürger“ zur „Gemeinde“ gehörten

Unter Gemeinde verstand man einst, anders als heute, die Gesamtheit der vollberechtigten Bürger. Dass es gar nicht so einfach war, das Bürgerrecht zu bekommen, zeigt die hier abgedruckte Entscheidung über die Aufnahme zur Mönchzeller Bürgerschaft. Zu den Vollbürgern gehörte nicht jeder Familienvater. Wer Gemeindebürger werden wollte, musste bestimmte Voraussetzungen mitbringen. Das Bürgerrecht konnte angeboren sein oder durch Bürgerannahme erkauft werden. Bürgertöchter hatten zwar ein angeborenes Bürgerrecht, konnten es aber erst antreten, wenn sie heirateten. Voraussetzung zur Erlangung des Bürgernutzes waren im übrigen die Volljährigkeit, ein guter Leumund und der Nachweis eines bestimmten „Nahrungszweigs“ und Vermögen, d.h. der Bürger musste seinen Haushalt oder sein Gewerbe selbständig finanzieren können.

Die Bürger hatten bei allen bedeutenden Fragen der Gemeindepolitik ein besonderes Mitspracherecht. Ruhten gerade auf ihren Schultern die allgemeinen Lasten – so etwa die Steuern und Fronden – so genossen sie andererseits besondere Rechte, die vor allem die Nutzungen gemeindeeigener Grundstücke und den Bezug einer jhärlichen Holzgabe aus dem Gemeindewald betrafen (sog. „Bürgerholz“).

Zur Aufnahme in den Kreis der vollberechtigten Gemeindebürger gehörte einst nicht nur die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages, sondern auch die Huldigung vor dem Landesherrn. Dieser Akt war sozusagen ein Eid auf die Verfassung. Nachrichten über Huldigungen sind vor allem aus dem 17. und 18. Jahrhundert überliefert. Der Kurfürst kam natürlich nicht perönlich, sondern schickte zur Abnahme des Huldigungseides seine Räte. Eine Eidesformel für junge Bürger aus dem 18, Jahrhundert lautete:

„Ihr N.N. sollet geloben und schwören einen leiblichen Eid zu Gott dem Allmächtigen, daß, nachdem Ihr vor Eurer gnädigen Ortsherrschaft zum Bürger zu Mönchzell auf- und angenommen worden, ihr Hoch- derselben Huld treu und untertänig sein, sie für allen Schaden, so viel an Euch, warnen, ihren Nutzen befördern, alles rügen, was ruchbar ist, das ist alle in der Gemeinde sich ereignende sträfliche, boshafte, schädliche und ausgelassene Vorfallenheiten sogleich bei Euren Vorgesetzten anzeigen, dann Euren Vorgesetzten, Amte, Schultheißen und Gericht schuldigen Gehorsam und Ehrerbietung leisten, für das gemeine Beste gehörige Sorge tragen und sich überhaupt als einen treuen Unterthanen und rechtschaffenen Bürger geziemet und oblieget, betragen und sofort die Homagialpflichten unserer gnädigsten Landesherrschaft schuldigst ablegen,das ist, daß Ihr Höchstdieselbe als Euren gnädigsten Landesherrn ansehen und demselben, als treue Unterthanen und rechtschaffene Bürger treu ergeben und gehorsam sein wollet und sollet.“

Seit der Bismarckschen Zeit kostete der Erwerb des Mönchzeller Bürgerrechts für einen Fremden rund 100 Mark. Wenn der Antragsteller aber die Tochter oder die Witwe eines Bürgers heiratete, zahlte er nur die Hälfte. Auch Frauen, die von außerhalb kamen und sich bürgerlich aufnehmen lassen wollten, hatten nur die Hälfte zu entrichten. Ausländer, also Nichtbadener, hatten freilich grundsätzlich das Doppelte zu bezahlen.

Der sogenannte Bürgernutzen bestand seit alters in einem Anteil an der Allmende, d.h. an gemeindeeigenen Grundstücken, sowie im Bezug einer jährlichen Holzgabe. Das Bürgerholz bestand noch in meiner Kindheit. Besteht es auch heute noch?

Wer in den Kreis der Gemeindebürger aufgenommen werden wollte, musste einst auch einen Feuereimer haben, mit dem er im Brandfall Wasser tragen konnte. Denn die Mithilfe beim Löschen eines Brandes war vor der Entstehung der Freiwilligen Feuerwehren im 19. Jahrhundert nicht nur Ehrensache. Um die Vereinheitlichung der Wassergefäße sicherzustellen, haben die Kommunen die Feuereimer selbst angeschafft und den Bürgern bei ihrer Aufnahme eine Feuereimergebühr abverlangt. Das Feuereimergeld vergangener Generationen wurde später durch die „Feuerwehrabgabe“ ersetzt, die allerdings als verfassungswidrig aufgehoben wurde.

Als sogenannte Genossenschaftsabgaben gingen auch die Aufwendungen der Gemeinde für die Feldhut, für den Maulwurffang und für die Faselhaltung zu Lasten der Bürger. Daneben gab es die bürgerliche Verpflichtung zur gemeindlichen Fron. Die Bürger waren zum Beispiel zur unentgeltlichen Arbeitsleistung in Feld und Wald verpflichtet. Die Arbeit des einzelnen Bürgers war jedoch auf zwei Tage im Jahr beschränkt.

https://books.google.de/books?id=H04MAAAAYAAJ&hl=de&pg=PA158&img=1&zoom=3&sig=ACfU3U0QuzRF7P1nBM4DLzmXE4uD44K-LA&ci=53%2C136%2C921%2C1220&edge=0

https://books.google.de/books?id=H04MAAAAYAAJ&hl=de&pg=PA159&img=1&zoom=3&sig=ACfU3U3R_nGkCMat209NDgU4kb3Gow4P7g&ci=19%2C120%2C438%2C178&edge=0

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